Gesundheitsvorsorge durch Biomedizin

Die Biomedizin forscht und entwickelt Heilmethoden durch enge Verflechtung von Medizin und Biologie. Dabei trägt sie als junge Wissenschaft oft experimentellen Charakter und wirft zudem durch enorm erweiterte Möglichkeiten ethische Fragen auf, die auch politisch kontrovers diskutiert werden. Der Fokus der Biomedizin liegt auf der Molekular- und Zellbiologie, hier sind die größten Fortschritte zu verzeichnen und auch weiterhin zu erwarten. Wichtige Teilgebiete der Biomedizin sind unter anderem der Einsatz von Nabelschnurblut, die Präimplantationsdiagnostik und die Biogerontologie.

Nabelschnurblut – Einsatz und Möglichkeiten

Das in der Nabelschnur und der Plazenta befindliche Nabelschnur wird nach der Abnabelung des Neugeborenen entnommen, um die darin befindlichen Stammzellen zu gewinnen. Diese bilden sich in großer Zahl im Blut des Embryos im letzten Schwangerschaftsdrittel. Seit dem Ende der 1980er Jahre nutzt man sie zur Behandlung von Blutbildungsstörungen, genetisch bedingten Erkrankungen und Leukämien. Sie sind risikoarm zu gewinnen, sehr rein (frei von Tumorzellen und Viren), sofort verfügbar und einzulagern. Sie können relativ gut von fremden Spendern genutzt werden, vermehren und differenzieren sich gut. Insgesamt gilt die Nabelschnurtherapie als Erfolg versprechend und dabei mit wenig Risiken für den Empfänger behaftet. Stammzellen aus Nabelschnurblut entwickeln sich zu neuen Blutzellen, aber auch zu Insel-, Knorpel-, Knochen-, Nerven-, Muskel-, Leber- und Blutgefäßzellen, wobei der Einsatz zwar erforscht, am Menschen aber noch nicht praktiziert wurde. Der große Vorteil von Stammzellen aus Nabelschnurblut besteht darin, dass sie noch keine altersbedingten genetischen Veränderungen aufweisen. Damit weisen sie Vorteile gegenüber der Verwendung von Knochenmarkzellen auf, denen einzig der Nachteil ihrer relativ geringen Menge gegenübersteht. Dennoch wächst international der Einsatz von Nabelschnurblut, in den USA wird für rund 20 Prozent aller Stammzelltransplantationen Nabelschnurblut eingesetzt, in Japan schon für etwa 50 Prozent. Dabei wird bislang vorrangig das Nabelschnurblut fremder Spender verwendet, aber auch Eigentransplantationen nehmen zu. Künftig wird es Sinn machen, von jedem Neugeborenen das Nabelschnurblut einzulagern, um es für künftige Eigentransplantationen verfügbar zu haben.

Präimplantationsdiagnostik

Bei diesem Verfahren (PID) werden Zellen biologisch und molekulargenetisch daraufhin untersucht, ob ein Embryo, der durch in-vitro-Fertilisation gezeugt wurde, Erbkrankheiten in sich trägt und daher in die Gebärmutter eingesetzt werden soll. Die Thematik ist ethisch heftig umstritten und durch den Gesetzgeber streng geregelt, da der nächste Schritt das „Retortenbaby“ wäre, das nach bestimmten Eigenschaften „gezüchtet“ wird. In Deutschland ist PID lediglich zur Vermeidung von Tot- und Fehlgeburten sowie schwerster Erbkrankheiten erlaubt, in Österreich und der Schweiz ist sie gänzlich verboten. Die Rechtsgrundlagen weichen in sämtlichen Ländern der Welt stark voneinander ab. Durchgeführt wird die Präimplantationsdiagnostik am dritten Tag nach der Befruchtung, indem aus den inzwischen bis zu zehn Zellen des Embryos etwa zwei entnommen und untersucht werden. Der juristische Unterschied zwischen Präimplantationsdiagnostik und Präfertilisationsdiagnostik besteht darin, dass bei letzterer Ei- und Samenzelle vor der Befruchtung untersucht werden, eine Zeugung also noch nicht stattgefunden hat. Wie sich jedoch ein Embryo nach dem Zusammentreffen der genetischen Erbgrundlagen beider Eltern entwickelt, ist bislang erst nach der Zeugung, also durch PID, feststellbar, und das ist das ethische Dilemma. Verglichen allerdings mit den gesetzlichen Regelungen zur Abtreibung stellt sich die Fragestellung eher philosophisch-ethisch-moralisch als juristisch, das erscheint aber nur auf den ersten Blick so. Denn die Gefahr liegt nicht im Aussortieren „unwerten“ Lebens, wozu es in Deutschland eine (berechtigt) strenge Moralposition gibt, sondern in der Selektion „guten“ Lebens, wofür es keine medizinischen Grenzen geben dürfte.

Biogerontologie

Bei diesem Teilgebiet der Biomedizin werden die Phänomene des Alterns untersucht. Dabei untersuchen unterschiedliche Disziplinen wie die Biochemie und die Physiologie sowohl Einzelzellen als auch den Gesamtorganismus. Als Teilgebiet der Gerontologie hilft die Biogerontologie, die Wirkmechanismen zu verstehen, durch die Organismen altern, und ihnen entgegenzuwirken. Die Fragestellung beschäftigt Menschen seit jeher, sie trägt mythische Züge, im Jahr 2011 gibt es rund 300 wissenschaftliche Theorien hierzu. Ein Schwerpunkt liegt hierbei in der Erforschung der Seneszenz, also der unumkehrbaren Alterungsprozesse, die zum Tod führen.

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